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Peter von Wienhardt – Pianist, Komponist, Arrangeur und Dirigent



 

Was macht einen Komponisten unsterblich?

Viele Jahre trieb mich diese Frage um. Naheliegend wäre eine herausragende wissenschaftliche Leistung, besonders elegant mit komponiertechnischen Herausforderungen umzugehen, wie z. B. Bach oder Stravinsky. Auch könnten innovative Herangehensweisen dazu beitragen, wie bei Biber, Berlioz oder Ornstein, um nur einige zu nennen. Von den vielen wirklich interessanten Innovatoren wie z. B. Hába, Schönberg oder Cage gar nicht mal zu sprechen.

Da Musik einem vorgegebenen Zeitrahmen folgt, können aber manche komplexe Zusammenhänge, die Komponist*innen hervorstellen wollten, gar nicht erfasst werden. Selbst das Verfolgen zweier zeitgleicher Linien stellt 97 % der Zuhörer*innen vor enorme Probleme. Was bleibt aber dann? 

Wenn man einen Zugang zur klassischen Musik von Seiten des Publikums annimmt, dann kann letzten Endes nur die Melodie und im weitesten Sinne auch ihre Harmonisierung als fast einziger Faktor übrig bleiben. 

Es müssen nicht erst die üblichen Schlachtrösser der klassischen Musik zitiert werden (Schubert, Mozart, Beethoven, Chopin, Verdi, Puccini), um darüber gewahr zu sein, dass die Reinheit der Melodie, manchmal auch ihre Schlichtheit, das herausragendste Merkmal für die Erinnerung des Dargebotenem ist.

In diesem Zusammenhang ist Astor Piazzolla unbestreitbar unsterblich geworden.

Seine Melodien treffen direkt in die Seele des emotionalen Menschen, seine Musik kann keinen unberührt lassen, außer dieser negiert das Melos und den Rhythmus. Er selbst wurde in einer Zeit bekannt, als die zeitgenössische Musik genau diese Negierung propagierte. Auch der verkrampfte Versuch, seine Musik unbedingt als Unterhaltungsmusik deklarieren zu wollen, ist mittlerweile gescheitert, denn das Publikum ist unerbittlich und hört das, was es hören will. Komponist*innen haben darauf nur sehr beschränkt einen Einfluss, auch wenn sie das nicht gerne hören.

Aus diesem Grund beschränke ich mich bei meinen Arrangements darauf, die Noten, die Piazzolla schrieb (wenn ich Noten habe), oder die Musik, die er mit seinen verschiedenen Ensembles spielte (wenn ich es von einer Aufnahme abhören muss), absolut exakt wiederzugeben. Ich habe kein Interesse daran, meine Person einzubringen. Dies betrifft alle Arrangements, die ich schreibe, sei es von Dvořák, Beethoven, Tschaikowski, Schubert usw. Es finden keine Verfremdungen statt, kein unnötiges Hinzufügen von Noten, selbst Akkorderweiterungen passieren nur mit Bedacht. Die Instrumentierung in verschiedenste Besetzungen ist die eigentliche Arbeit eines Arrangeurs, ich bemühe mich, das klanglich mit einer guten Balance und immer im Sinne des Komponisten zu bewerkstelligen.

Ein Arrangeur sollte entweder Arrangieren oder Rekomponieren. Letzteres muss klar ausgewiesen werden, sonst werden die Menschen in die Irre geführt. Und genau das wollen Sie nicht. Die unendlich schönen Melodien von Piazzolla und ihre Einbettung in ihre typischen Harmoniestrukturen sind stark genug, um die Jahrhunderte neben allen anderen unsterblichen Melodieschöpfern zu überdauern.


Peter von Wienhardt, Oktober 2020

 

Martín Palmeri – Pianist, Komponist, Arrangeur und Dirigent



Volksmusik

 

Die argentinische Volksmusik zeichnet sich durch eine große Vielfalt und eine Fülle an Genres aus. Unter dem Begriff der sogenannten Folklore vereinen sich Tanz- und Musikstile wie die Chacarera, der Zamba, der Escondido, die Vidala, der Gato und viele mehr.

Es handelt sich dabei um eine Musikform, welche, besonders zu ihren Anfängen, mündlich überliefert wurde, was aber nicht bedeutet, dass sie einfacher Natur ist: Ihre Rhythmen sind gespickt von hochkomplexen polyrhythmischen Stellen und Synkopen. Bei der música popular weicht die Musikerzusammensetzung je nach Provinz ab, sodass in jeder Region unterschiedliche Instrumente zum Einsatz kommen können.

Mit ihrem Formenreichtum hat sie Komponisten mit klassischer Ausbildung inspiriert, was zur Ausprägung verschiedener Strömungen im Lande führte, darunter auch der sogenannte Amerikanismus und der Indigenismus.

 

 

 



Klassische Musik

 

Jene Musiker waren der Ausgangspunkt für eine bedeutende Bewegung innerhalb der Welt der Klassik und des „Kults“, was in Europa ausgebildete Künstler dazu veranlasste, die Erfahrung und das Wissen des Alten Kontinents nach Argentinien zu bringen.

Die Komponisten schufen herausragende Stücke, die sich auf die oben genannten folkloristischen Rhythmen gründeten und zwar einem Konzept folgten, meiner Ansicht nach jedoch zumeist fremd und wenig authentisch waren.

 

 

 



Hybride Musik

 

Es waren letztlich Komponisten wie Carlos Guastavino, Eduardo Rovira, Horacio Salgán (sowie viele weitere) und eben auch Astor Piazzolla, dem wir zu seinem hundertsten Geburtstag gedenken möchten, die einen großen Beitrag zum Wachstum und zur Weiterentwicklung der Volksmusik leisteten, da sie diese, in meinen Augen, auf einen natürlichen authentischen Weg führten, auf welchem sie aus sich selbst heraus, von allein wachsen konnte.

Piazzollas monumentales Werk hat dafür gesorgt, dass sich das Territorium des Tangos auf einen Bereich ohne Grenzen ausweiten konnte. Die Fuge, der Kontrapunkt, die Polytonalität, dynamische formale Strukturen usw. sind einige der Elemente, die er in die Musikrichtung brachte. Was aber besonders aus seiner Musik hervorsticht, ist ihre Stärke und Ehrlichkeit: das Spiegelbild seines Temperaments mit unverkennbarem argentinischem Stempel.

 

Piazzolla wurde oft gefragt, ob seine Musik Tango sei oder nicht. Um dieser Streitfrage ein Ende zu setzen, beschrieb er sie letztlich als „zeitgenössische Volksmusik aus Buenos Aires“. Ich dachte mir damals immer: „Hoffentlich ist es Tango!“

 

 



Worte Astor Piazzollas:

 

Je mehr Dorf bemalt ist, 

umso mehr Welt ist auch bemalt.

Meine Musik ist typisch für Buenos Aires, 

sie ist von hier, sie ist wie wir.

 

Darum wird sie auch auf der ganzen Welt gespielt.

 



Martín Palmeri, März 2021

 

Julian Rachlin - Violinist, Bratschist und Dirigent



Astor Piazzolla ist für mich nicht nur einer der Giganten und Revolutionäre des argentinischen Tangos, sondern auch einer der ganz großen klassischen Komponisten. Piazzolla darf in einem Atemzug mit Mozart, Brahms, Bach oder Beethoven genannt werden. Piazzolla hat seine ganz einzigartige musikalische Sprache. Einerseits beinhaltet seine Musik eine unglaubliche Tiefe an Sensibilität und Sensualität, auf der anderen Seite aber auch eine ständige Umwandlung in den vom argentinischen Tango angelehnten Rhythmus. Der ständige Wechsel zwischen Sentimentalität, Sehnsucht, Erotik und Romantik in seinen Werken wird von einem Rhythmus getrieben, den ein Jazzmusiker als Groove bezeichnen würde. In Argentinien besuche ich immer die Clubs zum Tango Lernen, in denen nicht nur Anfänger, sondern auch Profis auftreten. Ich versuche dort immer, von den großartigen Tango-Bands zu lernen, um als Europäer diesen sehr speziellen argentinischen Tango-Stil noch besser verstehen und verinnerlichen zu können. Bei den Argentiniern ist dieser Rhythmus sprichwörtlich im Blut, und Piazzolla ist für die Argentinier ein Gott. In der ganzen Welt ist Piazzolla eine bedeutende Erscheinung, bis heute und sicher auch noch in vielen Jahrhunderten. Es ist mir eine große Ehre, seine Musik mit den besten Orchestern auf der ganzen Welt dirigieren und spielen zu dürfen. Ich wünsche das Allerbeste zu diesem hundertjährigen Jubiläum.

 



Julian Rachlin, März 2021

 

Gedanken zu Astor Piazzolla